Abschlussbericht zum Projekt "Zukunftschancen im ländlichen Raum der Modellregion Oberlausitz-Niederschlesien – Aufbau eines regionsweiten Netzwerkes und Entwicklung strategischer Grundlagen für den ländlichen Raum"

Autor

Ines Heinze, Jörg Weichler

Erscheinungsjahr / Umfang / Sprache

2011, 60 Seiten, deutsch

Kurzzusammenfassung

Der ländliche Raum ist die Heimat für viele Menschen. Im Freistaat Sachsen leben fast 50 % der Bevölkerung auf 83 % der Fläche im ländlichen Raum. In der Region Oberlausitz-Niederschlesien betrifft dies sogar etwa 95 % der Bevölkerung, welche auf 97 % der Fläche der Region wohnt. Hinsichtlich seiner Nutzung ist der ländliche Raum Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum in einem. Nach der Wiedervereinigung 1990 veränderten sich die Rahmenbedingungen für die Bevölkerung prägnant. Dies betraf die Region Oberlausitz-Niederschlesien in einem besonderen Maß, da der immense Abbau von Arbeitsplätzen in der Braunkohlen- und Textilindustrie vielen Menschen die Perspektive für eine sichere Zukunft nahm. Die demografischen Konsequenzen waren hohe Abwanderungszahlen und geringe Geburtenzahlen.

Seit Jahren herrscht ein anhaltender Bevölkerungsrückgang in der Region.
Zwar können einige Gemeinden noch immer von den erheblichen Wanderungsgewinnen der 1990er Jahre zehren, jedoch zeigt sich, dass seit dem Jahr 2000 in allen Kommunen der Region Oberlausitz-Niederschlesien ein
Bevölkerungsrückgang eingetreten ist. Immer noch handelt es sich vorrangig um junge Menschen, insbesondere junge Frauen, die die Region auf der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen verlassen. Mit dem Wegzug der jungen Frauen fehlen der Region zusätzlich die potenziellen Mütter, was die zukünftige Entwicklung nachhaltig beeinflusst. Durch die geringer werdenden Einwohnerzahlen und Einwohnerdichten sowie die zunehmende Alterung der Bevölkerung wird es komplizierter, Infrastrukturen in dem Maß vorzuhalten, wie wir es bisher kennen und gewöhnt sind. Daher stellt die Sicherung der Daseinsvorsorge für die Bevölkerung im ländlichen Raum eine maßgebliche Bestrebung dar, um diesen weiterhin attraktiv und lebenswert zu erhalten. Besonders die entscheidenden Funktionen der Daseinsvorsorge wie soziale (Bildungs-, Gesundheitswesen) und technische Infrastrukturen (Trinkwasserver-/Abwasserentsorgung, Telekommunikation,  Energieversorgung, Verkehr) oder Sicherheitsdienste (Polizei, Brandschutz) rücken in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Ebenso müssen  finanzwirtschaftliche und einzelhandelsbezogene Dienstleistungen, welche sich verstärkt aus der Fläche zurückziehen, betrachtet werden.
Sich auf die veränderte Nachfrage und einen veränderten Bedarf an Dienstleistungen und Infrastrukturangeboten einzustellen, ist eine herausfordernde und nicht leicht zu bewältigende Aufgabe. Bei allen denkbaren Anpassungsstrategien muss berücksichtigt werden, dass im Jahr 2011 in der Region Oberlausitz-Niederschlesien mehr als 600.000 Menschen leben; 2025 werden es nach den aktuellen Prognosen des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen knapp 500.000 sein. Und für diese, in der Gesamtzahl nicht unerhebliche Bevölkerung müssen auch in der Zukunft entsprechende Angebote der Daseinsvorsorge vorgehalten werden. Trotz der bereits eingetretenen Konzentration von Infrastruktureinrichtungen und den damit verbundenen längeren Wegen ist die Mehrheit der Menschen, die in kleinen Städten und Landgemeinden lebt, dennoch mit ihrer Lebensqualität zufrieden. Mit weiteren Veränderungen muss jedoch gerechnet werden. Dabei kann nicht vorausgesagt werden, ab wann ein „Weniger“ an wohnortnaher Infrastruktur zu einer deutlichen Unzufriedenheit bei der Lebensqualität führt. In Ostdeutschland, insbesondere im Freistaat Sachsen, wurden die demografischen Entwicklungen auf Grund der starken Abwanderung nach der Wiedervereinigung schneller sichtbar als im übrigen Bundesgebiet. Der Freistaat Sachsen hat die Herausforderungen jedoch früh erkannt und versucht, mit verschiedenen Maßnahmen Lösungswege bzw. Strategien für dessen Bewältigung zu entwickeln oder aufzuzeigen. Mit Hilfe der Förderrichtlinie Demografie der Sächsischen Staatskanzlei, welche im Jahr 2007 eingeführt wurde, werden Projekte unterstützt, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Maßnahmen und Ideen zu entwickeln, die die Auswirkungen des demografischen Wandels abmildern. Dabei gilt es auch, neue und innovative Ansätze im Sinne einer aktiven Anpassung zu entwickeln.

Das Projekt „Zukunftschancen im ländlichen Raum – Aufbau eines regionsweiten Netzwerkes und strategischer Grundlagen für den ländlichen Raum“ konnte durch diese Richtlinie personell und finanziell untersetzt werden. Ziel des Projektes war, ein Netzwerk „Ländlicher Raum“ mit regionalen Akteuren zu etablieren, welches sich mit den im ländlichen Raum auftretenden Auswirkungen des demografischen Wandels intensiv auseinanderzusetzt und Möglichkeiten für die zukünftige Entwicklung spezifischer Bereiche der Daseinsvorsorge diskutiert. Entscheidend war dabei, die Probleme konkret zu benennen, sich über deren Ausmaße bewusst zu werden und sich zu deren Bewältigung zu verständigen. Dabei sollten kreative und kontroverse Ansätze aufgegriffen werden. Die Ideen wurden zuerst im Netzwerk diskutiert und davon ausgehend Lösungsstrategien und Empfehlungen für deren Handhabung gegeben.

Dieser Abschlussbericht dient gleichzeitig als Strategiepapier und zeigt die Ergebnisse der Netzwerkarbeit, ergänzt um fachliche Empfehlungen des Projektmanagements. Die Empfehlungen richten sich insbesondere an den Bund, den Freistaat Sachsen, die Landkreise sowie die Kommunen. Jedoch sind auch weitere öffentliche und privatwirtschaftliche Institutionen, Vereine, die Wirtschaft, die freien Berufe und die Bürger aufgerufen, diese ersten Ansätze
der Gestaltung des demografischen Wandels weiter zu konkretisieren und Schlussfolgerungen für das eigene Tun und Handeln zu ziehen. Je mehr endogenes Potenzial für diese (Um)Gestaltung eingesetzt wird, desto geringer ist der Bedarf für zentrale Regelungen. Gerade diese zentralen Regelungen im Sinne von gesetzlichen Vorgaben, Richtlinien, Verordnungen u. ä. unterliegen
einem stetigen Wandel. Im Laufe des Projektes haben sich hier bereits zahlreiche Änderungen ergeben. Mit diesem Abschlussbericht werden die dem Projektmanagement bekannt gewordenen wesentlichen Änderungen erfasst, um den aktuell noch bestehenden Handlungsbedarf zu ermitteln.